Kein erster Angriff

von TGW_Webadministrator

Im Karate gibt es keinen ersten Angriff

Nach diversen gesundheitlichen Ausfällen, direkt gefolgt von den Einschränkungen durch Corona, fand bei uns am 03.07.22 der erste Karate-Lehrgang seit langem statt! Obwohl nicht groß ausgeschrieben, waren wir 15 Teilnehmer! [1 – Gruppe Action] Zwei davon waren sogar von „außerhalb“, also Besucher aus Meiningen, die durch familiäre Verbindungen überredet wurden, vorbeizuschauen. Ansonsten war der Lehrgang bunt durchgemischt, sowohl was Gürtelgrade anging als auch Alter und Geschlecht. Der Lehrgang begann um 9:00 Uhr, was bei den Temperaturen von großem Vorteil war. Inklusive einer kleinen Pause hielten wir bis 13:00 Uhr durch, dann hatten uns das anspruchsvolle Training und auch die sommerlichen Temperaturen so geschafft, dass wir zum Ende kamen.

Das Thema des Lehrgangs war Selbstverteidigung in verschiedenen Ausführungen, ganz nach Gichin Funakoshis Regel „Im Karate gibt es keinen ersten Angriff.“ Dafür stützte sich Franz auf die Herangehensweise, die vor allem im CRB (Centre de Recherche BUDO) gelehrt wird (dazu später mehr). Franz arbeitete sich langsam vor, um nach und nach den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen und uns so mitzunehmen, dass wir gemeinsam am Ziel ankamen, nämlich bei der Chinte, der Kumite-Kata 8 und der Goshin-Kata 3.

Mithilfe von Kihon und Kumite wurden einzelne Teil der Katas in der ersten Hälfte des Lehrgangs ausgiebig geübt und ihre Funktionen erklärt, damit es uns dann möglich war, die einzelnen Bestandteile am Ende „einfach“ nur noch zusammenzustecken. [2 Gruppe] Besonderer Fokus lag dabei auf einer möglichst anwendbaren Selbstverteidigung. [3 Selbstverteidigung] [4 Selbstverteidigung]

Über das klassische Kumite über Bunkai und In-fight ging es in die unbewaffnete Abwehr gegen ein Schwert, mit der auch Gichin Funakoshis Verhaltensregel „Stelle dir deine Hand und deinen Fuß als Schwert vor“ sehr gut angewendet werden konnte. Vor allem bei den Übungen mit dem Bokken wurde wieder klar, wie elementar es ist aus einem Angriff rauszugehen! [5 Schwert] [6 Schwert] [7 Schwert] [8 Schwerthand]

Ein Höhepunkt war die Kumite-Kata 8, die wir ausgiebig übten, so dass wir zumindest für einen kurzen Moment alle in der Lage waren, die Kata zusammen zu laufen. Eine Kumite-Kata ist ein festgelegter Bewegungsablauf (= Kata), die in Kumite-Form (= Kampf) mit einem Tori und einem Uke stattfindet. Im Gegensatz zu einer „normalen“ Kata, bei der man ja leicht in die Versuchung kommt, sich vor allem selbst zu produzieren, funktioniert eine Kumite-Kata nur zusammen mit einem Partner: zusammen bewegen sich die Gegner – trotz des kämpferischen Charakters – in einem gemeinsamen Rhythmus oder in den Worten von Roland Habersetzer selbst, dem Gründer des CRB und Entwickler der Kumite-Katas: „Die Kumite-Kata stellt eine Möglichkeit dar, sich auf den anderen zuzubewegen und mit ihm durch die äußere Gewalttätigkeit hindurch die Friedfertigkeit zu lernen“. [9 Kumite Kata] [10 Kumite Kata]

Das Ganze wurde die Tengu Goshin no Kata 3 abgerundet. Diese Reihe an Katas wurden ebenfalls von Roland Habersetzer auf dem Tengu Ryu basierend entwickelt und beinhalten alle wichtigen Aspekte wie z.B. „Peripherie-und Tunnelblick“, Reaktionsfähigkeit je nach Dringlichkeit, scanning usw., aber auch Beherrschung des Angreifers und Krisenmanagement. Auch bei dieser Kata kamen die Elemente, die wir vorher eingeübt hatten, zusammen, so dass uns die Bewegungen schon bekannt waren und wir uns ganz auf die Ausübung konzentrieren konnten. Wichtig war das Zusammenspiel mit dem Partner und eine schnelle Reaktion. Auch hier – wie immer beim Kumite – ermöglichte uns der Partnerwechsel verschiedene Perspektiven und die Möglichkeit, sich immer wieder auf eine neue Situation einzustellen. [11 Goshin Kata] [12 Goshin Kata]

Am Ende übten wir noch den Ablauf der Chinte. Der Name Chinte hat viele Interpretationen, wie z.B. „ruhige Hand“ oder „seltene/seltsame/verborgene Hand“ oder aber ein Verweis auf einen Angriff auf die Vitalpunkte. Die Chinte zeichnet sich vor allem aus durch den Wechsel zwischen schneller Abfolge der Techniken und langsamen Passagen aus. Auch bei der Chinte wurden vorher schon einzelne Elemente herausgegriffen und geübt, auf die wir zurückgreifen konnten. Zu den drei „Hüpfern“ am Ende gibt es ein paar sehr wilde Theorien, u.a., dass man über die Leichen seiner Feinde springt oder – etwas pragmatischer gedacht – der JKA („Japanese Karate Association“) diese drei Hüpfer eingeführt hat, damit der Karateka im Wettkampf am Ende der Kata wieder an seinem Ursprungspunkt steht. Die geläufige Idee ist jedoch, dass die Hüpfer an eine anrollende Welle, die am Strand erstirbt, erinnern soll, als ein Symbol für die Rückkehr zur Ruhe nach der Gewalt. [13 Chinte]

Obwohl nur vier Stunden, war der Lehrgang vollgepackt und intensiv. Wie immer gelang es Franz, zwischen den unterschiedlichen Elementen aus verschiedenen Katas, den Bogen zu schlagen und damit verschiedene Blickwinkel auf Techniken und Ideen zu ermöglichen.  [14 Gruppe]

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